Margit & Geoffrey – ein Süßkartoffel-Verhältnis

„Beeilt Euch, wenn Ihr Geoffrey kennenlernen wollt, er ist gerade angekommen und bleibt meist nicht lange.“ 
Der Anruf erreicht uns im Wohnmobil. Wir sind ohnehin auf der Fahrt zur Lumholtz Loge im Australischen Regenwald nahe Atherton, wollten aber eigentlich noch eine gemütliche Pause machen. Doch die Nachricht klingt dringend. Ich gebe Gas.
Eine halbe Stunde später klopfen wir an die Tür der Lodge. Es erscheint eine Frau, auf deren Schulter ein riesiges Tier mit langem, kräftigem Schwanz sitzt. Ein Baumkänguru, wie wir später erfahren. „Ich bin Margit, und das ist Geoffrey“, sagt die Frau in akzentfreiem Deutsch. „Kommt rein.“ Wir folgen dem ungleichen Paar in die Küche, wo auf dem Esstisch eine Schüssel mit Spaghetti und Süßkartoffeln steht.

„Spaghetti mag er am liebsten“, sagt Margit und während Geoffrey es sich auf dem Tisch gemütlich macht und genüsslich frisst, erzählt sie uns ihre Geschichte. Vor 67 Jahren in Deutschland geboren, im Stuttgarter Zoo Wilhelma zur Tierpflegerin ausgebildet, nach Australien ausgewandert, natürlich der Liebe wegen, Hochzeit, zwei Kinder, Scheidung. Heute arbeitet sie als Wildlife Carer, päppelt in ihrem Haus verletzte, verlassene Kängurus auf und bereitet sie auf ein Leben in der Wildnis vor. Manche halten ihr auch nach ihrer „Entlassung“ die Treue. Wie das Baumkänguru Geoffrey, das vor vielen Jahren im Alter von fünf Monaten verletzt zu ihr gebracht wurde. Sie pflegte es liebevoll und sachverständig, bis es wieder eigenständig im Regenwald leben konnte. Doch Geoffrey ist anhänglich, steht alle zwei Wochen auf Margits Terrasse, fordert energisch Einlass, ein paar Streicheleinheiten und seine Lieblingsspeise ein. Die beiden verbindet sozusagen ein Süßkartoffel-Verhältnis…

Als der Teller leer ist, will Geoffrey aufbrechen. Die Tierpflegerin hält ihm ihre Schulter hin und trägt ihn hinaus auf die Terrasse bis zu einem kräftigen, überhängenden Ast. Er klettert rüber – und verschwindet in Nullkommanix im dichten Grün des Regenwaldes.

Jetzt hat Margit wieder Zeit für ihre anderen Pflegegäste, für die noch winzigen Babykängurus Becky und April, die sie meist in ihrem Pullover mit sich herum trägt. Auch sie sollen irgendwann wieder selbstständig im Wald leben können. So wie Geoffrey. Doch das wird noch ein paar Monate dauern.

 


Um ihre Tierliebe zu finanzieren, betreibt Margit Cianelli übrigens in ihrem Haus eine kleine Pension.
Wer da ein Zimmer bucht, hat garantiert Känguru-Anschluss...

 

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